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Neue Rückenschule

Ein Beitrag von Hans-Dieter Kempf, ehem. Vorstandsmitglied des Forum Gesunder Rücken – besser leben e.V.

Ganzheitlich ausgelegt waren durchaus schon einige der ersten – insbesondere der sportpädagogischen – Rückenschulansätze in den 90er Jahren. Eine konsequente salutogenetische und biopsychosoziale Betrachtungsweise findet sich jedoch erst im vereinheitlichten Curriculum der KddR, dessen erste Fassung 2006 mit Unterstützung der Bertelsmann-Stiftung und Prof. Klaus Pfeifer entwickelt wurde. In einer feierlichen Stunde übergab der Koordinator der KddR das Curriculum an die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt.

Den Rücken neu erleben

Bewegungs- und erlebnisorientierte Lernprozesse wollen die Teilnehmer begeistern und motivieren, ein gesundheitsorientiertes und rückenfreundliches Verhalten aufzubauen und beizubehalten. Sie sollen ihren Rücken neu erleben, die Wirksamkeit verbesserter biopsychosozialer Ressourcen erfahren und den Nutzen für sich und ihre Rückengesundheit erleben. Die Neue Rückenschule will Freude bereiten – sowohl den Teilnehmern als auch dem Kursleiter.

Aufgrund der Kritik an der Wirksamkeit der (heterogenen, meist zu theoretischen und zu kurzen) Rückenschulen kurz vor der Jahrtausendwende, orientiert sich das Curriculum der KddR konsequent an derzeit akzeptierten Gesundheitsmodellen, aktuellen Empfehlungen und Leitlinien zur Prävention und Rehabilitation von Rückenschmerzen sowie aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

„Was hält den Rücken gesund?“

Der Umgang mit dem Rückenschmerz hat sich geändert. Die zentrale Fragestellung lautet jetzt: „Was hält den Rücken gesund?“ und nicht „Was macht den Rücken krank?“. „Negative” Botschaften wie: „Krummes Heben führt zum Bandscheibenvorfall“, „falsches Sitzen ist schädlich für die Bandscheiben“ oder: Die „Wirbelsäule ist anfällig und sollte geschont werden“ fördern eher negative Gedanken und Gefühle und führen damit zu Vermeidungsverhalten und Hilflosigkeit.

Diese Botschaften werden durch eine positive, realistische Betrachtungsweise ersetzt, z.B.:
„Die meisten Rückenschmerzen sind harmlos!“ (keine Angst vor Rückenschmerzen), „Bewegung ist gut: oft, variantenreich und vielfältig“ (keine Angst vor falschen Bewegungen), „Es gibt nicht die einzig richtige Haltung!“ (keine Angst vor falschem Sitzen und falschen Haltungen) oder „Rückenschmerzen lassen sich beeinflussen!“ (keine Angst vor Hilflosigkeit).

Rückengesundheit fördern und vorbeugen

Durch die beiden Leitziele der Neuen Rückenschule: „Rückengesundheit fördern“ und „einer Chronifizierung von Rückenbeschwerden vorbeugen“, sind vor allem Menschen angesprochen, die sich wenig bewegen, schon Rückenschmerzen hatten, ärztlich abgeklärte, unspezifische Rückenschmerzen haben, Risikofaktoren für Rückenschmerzen aufweisen oder ihr Risiko selbst als hoch einschätzen. Selbst chronische Schmerzpatienten können nach Absprache mit dem Arzt am multimodalen Programm teilnehmen, sofern sie in der Lage sind, sich aktiv an den Bewegungsprozessen zu beteiligen.

Neue Inhalte und andere Gewichtungen

Die Auswahl der Praxisbausteine für die Kurs- und Stundengestaltung orientiert sich konsequent an den Zielen der Neuen Rückenschule sowie an den Erwartungen und Bedürfnissen der Teilnehmer. Im modulartigen Baukastensystem der Neuen Rückenschule sind im Vergleich zur klassischen Rückenschule neue Inhalte hinzugekommen, z.B. Strategien zur Schmerzbewältigung und Strategien zur Stressbewältigung.

Bestimmte Inhalte haben an Gewicht gewonnen, z.B. die Verbesserung der motorischen Grundeigenschaften, Kleine Spiele, Lifetimesport (Joggen, Walken etc.). Wieder andere Inhalte verlieren im Gesamtkontext etwas an Bedeutung, z.B. die Übungen zur Haltungs- und Bewegungsschulung.

Stufenplan der Neuen Rückenschule

Die Neue Rückenschule erhält einen mittel- und langfristigen Aufbau in Form eines Stufenplanes. Resultierende Vorteile sind:

  1. eine nachhaltige Bindung der Kursteilnehmer an eine gesundheitsorientierte Bewegung.
  2. die Kursteilnehmer erfahren eine geführte Begleitung in ihrer Verhaltensänderung.

So werden die Inhalte der Neuen Rückenschule in einem Kurssystem aus Einführungskurs und sich daran anschließenden Aufbaukursen angeboten.

In der Neuen Rückenschule hat sich auch das Bild des Rückenschullehrers verändert. Spätestens durch den von der Ottawa-Charta for Health Promotion der WHO 1986 initiierten Paradigmenwechsel, der auf ein höheres Maß an Selbstbestimmung und Selbstbefähigung abzielt, wird klar, dass die Prinzipien der traditionellen Gesundheitserziehung durch teilnehmerorientierte Ansätze zu erweitern sind. Der Kursleiter als Rückenexperte sieht den Teilnehmer hier gleichberechtigt als selbstbestimmte, mündige Person. Er ist deshalb Experte, Coach, Moderator, Vorbild und professioneller Dienstleister (Kempf 2010).

Besonderheiten aus der Sicht des Rückenschullehrers

Die Neue Rückenschule bietet dem Rückenschullehrer gegenüber der klassischen Rückenschule zahlreiche Vorteile, allerdings nur, wenn er sie zu nutzen weiß:

  • Der Kursleiter ist nicht mehr an ein starres Programm gebunden, das fast minutiös die Inhalte vorgibt, die er dem Teilnehmer zu vermitteln hat. Er kann daher – selbst bei einem geplanten 10-stündigem Kursprogramm – in erheblich höherem Maße situativ und kreativ auf die Erwartungen, Wünsche und Voraussetzungen der Teilnehmer eingehen. Dies führt, im Sinne eines Abgleichs von Erwartungen und Erfahrungen, zu größeren Erfolgserlebnissen der Teilnehmer.
  • Der Kursleiter verfügt über umfangreichere Handlungsspielräume und kann, je nach Zielgruppe, im Rahmen des Konzeptes der Neuen Rückenschule das Programm selbst zusammenstellen. Hilfreich sind dabei einzelne Praxisbausteine, die Fein- oder Feinstziele ansteuern.
  • Der Kursleiter kann seine fachliche Kompetenz in den einzelnen Modulen verbessern, bzw. seine Stärken deutlich wirkungsvoller ausspielen. Er ist nicht mehr nur Vermittler eines Programms, sondern seine Person und seine Stärken spielen für den Erfolg der Teilnehmer eine entscheidende Rolle.
  • Die Teilnehmer erleben innerhalb des zweieinhalb bis drei Monate dauernden Basis-, Grund- oder Einstiegskurses direkte Erfolge, die nicht nur die eigene Stimmung, sondern auch die Gruppendynamik verbessern.

Begeistert sein, um zu begeistern

Fast alle Rückenschullehrer, die bisher die Neue Rückenschule erlebt haben, berichten durchweg, dass es „jetzt endlich wieder Spaß mache, Rückenschulkurse zu geben“. Will der Kursleiter begeistern, muss er selbst begeistert und mit Spaß und Freude bei der Sache sein.

Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Die Freiheiten und Möglichkeiten, die der Rückenschullehrer als Pädagoge, Coach, Moderator und Vorbild jetzt hat, setzen natürlich voraus, dass er über die entsprechende Fach-, aber besonders auch über Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz verfügt und es versteht, die Fähigkeiten situativ zum Wohle seiner Teilnehmer einzusetzen.

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